L’elisir d’amore

Melodrama giocoso in zwei Akten von Gaetano Donizetti
Libretto von Felice Romani nach Augustin Eugène Scribe zu der Oper Le Philtre (1831) von Daviel François Esprit Auber

Eine Inszenierung für die Oper Schloss Maxlrain (2017)


Meine Inszenierung von Gaetanos Donizetti L’elisir d’amore spielte in den ersten Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, zwischen 1946 und 1948, in einem Dorf oder einer kleinen Stadt, irgendwo in der Westzone unter amerikanischer Besatzung.

Hunger und Überleben bestimmen die ersten Nachkriegsjahre in Deutschland. Nur langsam geht es aufwärts. Man rappelt sich hoch aus den Trümmern, aus den Hinterlassenschaften von Diktatur und Krieg. Das Trauma Krieg hat sich in den Menschen und in der Welt, in der sie leben, eingenistet. Man arrangiert sich mit dem unsichtbaren, nagenden Bewohner, man verdrängt ihn. Eine gefühlsarme, kalte Welt. Für Träumer und Phantasten ist kaum Platz. Für die Liebe kaum Zeit. 

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Nemorino, ein Niemand, geflohen aus den Ostgebieten. Gestrandet in einem Dorf im Nirgendwo, untergekommen in der Nähe seines Onkels. Ein Flüchtling. Nicht gern gesehen im Dorf. Ein Außenseiter. Das bisschen was man hat, braucht man selber. Da braucht man keinen Dahergelaufenen, einen Fremden. Nemorino hat ein Auge auf Adina, die Feine, Elegante, geworfen. Undenkbar, dass sie sich für ihn interessieren könnte! Voller Selbstzweifel geplagt, hängt er seine ganze Lebenshoffnung an das geheimnisvolle Elixier des Dulcamara, der Bittersüße, ein umherziehender Strizi mit großem Herzen. Ein Geschichtensammler, Erzähler und Fallensteller, Theatergaukler und Überlebenskünstler. Ein wandelndes Chamäleon, der sich je nach Lage den Zeiten anpasst und sich mit den Gegebenheiten arrangiert. 

Adina, die sich für Literatur interessiert und damit innerhalb der einfachen Dorfgesellschaft auf wenig Verständnis stößt, hat durchaus Gefallen an dem jungen Flüchtling. Doch sie will sich ihre Gefühle nicht eingestehen. Ein Flüchtling! Was würde das Dorf dazu sagen? Einen Seelenverwandten hat sie dagegen scheinbar in Belcore, der mit dem schönen, aufrichtigen Herzen, gefunden. Der amerikanische Soldat, vom Dorf als Besatzer mehr geduldet als akzeptiert, schmeichelt ihr. Doch auch hier ist Adina sich ihren Gefühlen nicht sicher. Zu groß ist die Angst von beiden Männern verletzt zu werden. Sich selbst schützend, beginnt sie ein (gefährliches) Spiel mit der Liebe. 

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Belcore wirkt selbst wie ein Gestrandeter, Heimatloser. Ein Versehrter, der nach dunklen Kriegserlebnissen eine große Sehnsucht, ja eine Gier, nach allem Schönen hat, verliebt sich in die Schönheit der Adina. Mit ihr hofft er, all das Schreckliche vergessen zu können. Dabei bemerkt er nicht, dass Giannetta, eine junge Frau aus dem Dorf, ebenfalls Gefühle für ihn entwickelt hat. 

Für Giannetta, die Freiheitsliebende, kam mit dem Ende des Krieges und den Besatzern die große Welt in das Dorf. Liebäugelnd mit dem einen oder anderen GI lernte sie schnell die Gesetze der Besatzung und nützt diese geschickt für ihre Vorteile. Ihr Ziel: raus aus dem Dorf, die weite Welt sehen. Ein amerikanischer Soldat hat ihr doch wohl mehr zu bieten, als so ein armer Tagelöhner aus dem Dorf! Die Schönheit und die Verführungen der Welt fest im Blick stürzt sie sich in das Gefühlschaos Belcore und in die Jagd nach dem geheimnisvollen Liebestrank des Dulcamara.

Szenenbilder von Joe Hofer während der Fotoprobe Juli 2017



Pressestimmen

… Regisseur Michael Stacheder wollte keine bloß lustige Geschichte erzählen, sondern in seelischen Tiefen schürfen. (…) Viel wichtiger ist, dass es Stacheder gelungen ist, alle Sänger, auch den sehr guten Chor, zu einem lebendigen und seelisch logischen Spiel miteinander zu bewegen. (…) Insgesamt ist dieser „Liebestrank“ ein animierender Champagnercocktail.“ (Oberbayerisches Volksblatt, 18.7.2017) 

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Texte zur Inszenierung

L‚elisir d’amore – das Spiel von der heiteren Melancholie. Gedanken zur Inszenierung für die Oper Schloss Maxlrain
Auf dem Dachboden – Der Beginn der Suche nach dem Lebensglück in L’elisir d’amore
Ein ganzes Leben in einem Koffer oder Dulcamara und das ungelebte Leben
Das Dorf im Mittelpunkt: Aus einer Schuhschachtel über Albert Renger-Patzsch zu Anselm Kiefers Dachboden
Ein Raum für die Seelenlandschaften in Donizettis L’elisir d’amore
Es glühen die Menschen, die Pferde, das Heu (Literaturtipp)
Sonntags gab es Surbraten mit Sauerkraut und Knödeln – Gianetta und der Duft der dörflichen Enge in L’elisir d’amore (Rezept)

Musikalische Leitung Richard van Schoor
Regie, Bühne und Licht Michael Stacheder
Kostüme Michaela Reinel und Werner Böhm
Einstudierung Chor Hubert Dobl

Mit Doris S. Langara-Benvenuti (Adina), Katharina Wittmann (Giannetta), Stephen Barchi (Belcore), Thomas Huber/Santiago Sánchez* (Nemorino), Jens Olaf Müller (Dulcamara)

Chor und Orchester der Oper Schloss Maxlrain

* alternierend

Premiere am Freitag, 14. Juli 2017 in der Reithalle Schloss Maxlrain