Kalteis

von Andrea Maria Schenkel 
Bearbeitung von Anna Wenzel 

Uraufführung
Eine Inszenierung mit dem Junges Schauspiel Ensemble München (2012)


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Der Regen fließt in Rinnsalen über die Fenster des Zuges. Hier sitzt die junge Kathie und erwartet voller Hoffnung ihr neues Leben in der Großstadt München. Dort will sie ihr Glück machen, eine Stelle finden, eine eigene Wohnung beziehen und bald eine richtige Dame sein, mit Seidenstrümpfen und Pelz.

Doch es kommt anders und Kathie lebt bald mehr als Prostituierte denn als feine Dame. Am liebsten vergnügt sie sich auf der Wiesn. Hier spürt sie ihn, den wohligen Lebenskitzel. Bei einem der Schießbuden lernt sie Josef Kalteis kennen. Der Teufel ist auf dem Fahrrad unterwegs und überfällt junge Frauen, vergewaltigt, ermordet und verstümmelt sie. Brutal setzt er ihren blühenden Leben ein jähes Ende. Kathie wird sein letztes Opfer sein.

Nach dem großen Erfolg ihres Debüts Tannöd hat Andrea Maria Schenkel ihrem zweiten Kriminalroman den authentischen Fall des Sexualmörders Johann Eichhorn zugrunde gelegt. Die Bestie aus Aubing wurde 1939 wegen vielfacher Vergewaltigung und fünffachen Mordes in München verurteilt und hingerichtet. Schenkel hat daraus mit halbfiktiven Vernehmungsprotokollen und Zeugenaussagen ein spannendes kriminalistisches Psychogramm gemacht, in dem sie gleichzeitig auf meisterliche Weise das Leben, insbesondere das vielgesichtige Verhältnis zwischen Frau und Mann im München der 30er Jahre einfängt. Als wären sie der tragikkomischen und subtil bösartigen Horváth’schen Welt zwischen Leichenschauhaus, Wohlfahrtsamt und Oktoberfest entsprungen, treibt die Figuren die trotzige Suche nach dem großen Glück nur zum nächsten Ladenschaufenster, Wirtshaus oder Stelldichein.

All die jungen, lebenshungrigen und erwartungsvoll in ihre Zukunft blickenden Menschen, insbesondere die Mordopfer mit ihren teils poetisch-sehnsüchtigen teils trostlos-beklemmenden Geschichten stellt Regisseur Michael Stacheder ins Zentrum seiner Inszenierung: eine theatral spannende Mischung aus Erzählung und dialogischem Spiel.



Pressestimmen

Michael Stacheder hat Andrea Maria Schenkels zweiten Roman aus dem Jahr 2008 (Bearbeitung: Anna Wenzel) sehr gut inszeniert. Und sein Junges Schauspiel Ensemble München spielte mit einer unverbrauchten Qualität, die uns drei Stunden hellwach-aufmerksam hielt. (…) Stacheder unterstützt, in aller Dezenz, mit starken Körperbildern. (…) Bühne und Kostüme (Mark Späth und Aylin Kaip) geben schönes Lokalkolorit: Ein sich öffnender Kubus, ausstaffiert mit strahlenförmig aufragenden Biergartenbänken, ist Kirche und zünftiges Wirtshaus, wo sich die Mädchen und Burschen in schicken Strickjacken der Dreißiger- und Vierzigerjahre vergnügen.“ (Münchner Merkur, 2.3.2012)

„ … in seiner dichten Inszenierung beklemmend“. (Süddeutsche Zeitung, 2.3.2012)

Regie Michael Stacheder
Bühne Mark Späth
Kostüme Aylin Kaip
Musik Stefan Straubinger

Mit Nina Bernreuther, Ulrike Dostal, Theresa Hanich, Marlen Poebing, Joachim Aßfalg, Robert Ludewig, Thomas Trüschler

Premiere am 29.2.2012 am Kleines Theater Haar