Antidemokratischen Umtrieben einen Riegel vorschieben

Redebeitrag bei der Kundgebung Nie wieder ist jetzt – Für Demokratie, Vielfalt und ein starkes Wir in Bad Aibling am 6. März 2024


Liebe Aiblinger*innen, liebe Gäste,
die Ihr diesem Aufruf zum Protest gefolgt seid. 

Ich bin wütend. Einmal mehr bin ich wütend, sehr wütend. Ich habe sehr lange gerungen, mit meinen Worten, mit diesem Text, mit meiner Rede, die ich heute Abend als Aiblinger Bürger hier halten darf. Denn es geht nicht nur darum, dass wir heute einmal mehr hier laut unsere Stimme erheben müssen, gegen einen der führendsten Akteure der verschwörungsideologischen Szene Deutschlands, sondern es geht auch darum, dass seit Sommer 2022 die städtischen Verantwortlichen untätig dabei zusahen, wie das Kurhaus und Bad Aibling zu einem Hotspot von verschwörungsideologischer Propaganda wurden. 

Im Gegenteil – noch im vergangenen Jahr, als der heute vom Verfassungsschutz unter Beobachtung stehende  und als Rechtsextremist geführte Hans-Georg Maaßen die Bühne des Kurhauses für seine demokratiefeindlichen Ideologien nutzte, war man der Diskussion darüber überdrüssig. Ja, manch einer verspürte gar eine gewisse Müdigkeit. 

Noch am heutigen Abend vermisse ich ein klares, vernehmbares gemeinschaftlich verfasstes Statement von AIB Kur, Bürgermeister, Stadtverwaltung und den im Aiblinger Rathaus vertretenen demokratischen Parteien, groß plakatiert auf einem Banner, angebracht an den Fassaden von Kurhaus und dem Rathaus der Stadt. Ein Bekenntnis für Demokratie und Vielfalt, ein klares Statement gegen Verschwörungsideologien. Das wäre ein Beginn. Ein wichtiges Zeichen des Miteinanders für alle sichtbar. Warum ist das in dieser Stadt so schwer, was in anderen Städten an einem solchen Tag selbstverständlich ist? Dieser Protest einer wehrhaften Zivilgesellschaft muss für viele Tage weithin sichtbar sein.

In einem Rechtsstaat, in dem die Meinungsfreiheit ein hohes Gut darstellt, sie geachtet und respektiert wird, gilt es jedoch auch, alle demokratischen Räume zu schützen und zu verteidigen. Die Entwicklung der letzten Jahre haben uns auf das Deutlichste gezeigt, wie Verschwörungsideologen und Demagogen mit ihrer demokratiefeindlichen Propaganda und Hetze immer mehr den öffentlichen Diskurs zu bestimmen versuchen. Mit ihren Hassbotschaften verfolgen sie damit nur ein Ziel: Die Gesellschaft zu spalten, um schlussendlich unsere Demokratie zu zerstören. 

Ich habe kein Verständnis, dass bei einem so hochsensiblen und brisanten Thema die »geschäftliche Auslastung« womöglich höher gestellt wird, als die zivilgesellschaftliche Verantwortung für unser demokratisches Gemeinwesen. Diese Veranstaltungen der selbsternannten »Weltaufklärer« beschädigen über die Stadtgrenzen hinweg das Ansehen der Stadt Bad Aibling. Und schlimmer noch: Sie vergiften unser demokratisches Miteinander in dieser Stadt. Damit muss mit dem heutigen Abend ein für allemal Schluss sein! 

Wir alle müssen dafür kämpfen, dass dieses »Nie wieder ist jetzt« in unserem Zusammenleben immerwährend Bestand hat. »Nie wieder ist jetzt« darf nicht wieder zu einer folgenlosen, rund um Holocaust-Gedenktage inflationär verwendeten Floskel verkommen. »Nie wieder ist jetzt« ist mehr – es ist ein Auftrag an uns alle und im Besonderen an unsere demokratischen Parlamentarier, die für den Fortbestand unseres demokratischen Staates Sorge zu tragen haben. 

Wären wir uns unserer Verantwortung für dieses »Nie wieder« tatsächlich bewusst, dann hätten Teile von Politik, Medien und Gesellschaft nicht mehr oder weniger tatenlos zugesehen, wie unter anderem Verschwörungsideologen zu dankbaren Ideengebern einer immer stärker werdenden rechtsextremen Partei wurden; dann würde diese Partei nicht bundesweit bei knapp 20 Prozent stehen und dann würde sich ihr Denken und ihre menschenverhöhnende Sprache auch nicht in unserer Gesellschaft einnisten, manifestiert in einem gefährlichen Populismus, den wir immer wieder auch aus den demokratischen Reihen vernehmen müssen. 

Dass es einen gemeinsamen demokratischen Konsens in unserer Republik gibt, zeigen die seit Wochen deutschlandweit stattfindenden Demonstrationen. Auch hier in Bad Aibling beteiligten sich eine Vielzahl der Bürgerinnen und Bürger an einem beeindruckenden Lichtermeer. Diese Demonstrationen sowie die heutige Kundgebung fordern unsere demokratischen Parlamentarier auf, endlich die in unseren Grundgesetz niedergeschriebenen Werkzeuge der wehrhaften Demokratie zu benutzen und danach auch ihr politisches Handeln auszurichten. 

Lasst uns gemeinsam auch hier in Bad Aibling daran arbeiten, dass Veranstaltungen mit einem offensichtlich verfassungsfeindlichen, antisemitischen, rassistischen und extremistischen Gedankengut weder im Kurhaus noch in einer der  anderen zahlreichen Kultur-, Sport- und Versammlungsstätten einen Platz finden. Den antidemokratischen Untrieben muss nun endlich entschieden ein Riegel vorgeschoben werden!  



© Michael Stacheder, 6. März 2024
Alle Rechte vorbehalten.

Die Rede wurde am 3. Februar 2024 auf der Kundgebung Prien steht zusammen – für Demokratie und Vielfalt in Prien a. Chiemsee gehalten. Es gilt das gesprochene Wort.

Meine Rede vom 6. März 2024 zum Download:


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